TCM: die Lunge als wichtige Ebene unseres Abwehrsystems
Stärkung der Lunge durch geeignete Nahrungsmittel
Die Lunge verbindet laut Traditioneller Chinesischer Medizin (TCM) die Essenzen aus der aufgenommen Nahrung mit der Atemluft und bildet daraus das so genannte Nähr-Qi, das in den Blutgefäßen und Meridianen fließt und alle inneren Organe versorgt. Weiters wird das Abwehr-Qi daraus gebildet, das unter der Haut und zwischen den Muskeln und Membranen fließt und uns vor äußeren pathogenen Einflüssen wie Wind, Kälte und Feuchtigkeit, schützt.
Bei einer Schwächung der Lunge kommt es daher einerseits zur Schwächung aller inneren Organe, da sie ihrer Funktion, das Qi im ganzen Körper zu verteilen, nicht nachkommen kann. Andererseits wird der Organismus erkältungsanfällig, weil die Zirkulation des Abwehr-Qi, das uns vor äußeren pathogenen Einflüssen schützt, nicht mehr gewährleistet ist.
Im folgenden möchte ich zwei wichtige Erkrankungen bzw. Syndrome der Lunge nach TCM-Kriterien beschreiben.
Lungen-Qi-Mangel:
Die Ursachen für eine Qi-Schwäche der Lunge sind häufig in einer Unfähigkeit des Organismus begründet, die aufgenommene Nahrung zu verwerten bzw. Qi aus der Nahrung zu extrahieren, was in der TCM als Milz-Qi-Schwäche bezeichnet wird. Zur Behandlung und Vorbeugung siehe im Teil 1 den Punkt „immunschwächende Nahrungsmittel und Essgewohnheiten“. In der modernen westlichen Medizin würde in diesem Fall von einer Störung der Dünndarm- und Pankreasfunktionen gesprochen werden, sofern sie erkannt werden.
Weitere Ursachen sind Umweltverschmutzung und schlechte Luftqualität, nicht bewältigte bzw. lang andauernde Trauer, Überarbeitung, Berufe, in denen sehr viel gesprochen werden muss, lang andauernder Husten, sowie chronische Erkrankungen.
Die auftretenden Beschwerden sind Schwächegefühl, Erschöpfung, schwache Stimme mit nur kurzen Sprechzeiten, kraftloser Husten, Kurzatmigkeit, bleiche Gesichtsfarbe, und falls das Abwehr-Qi bereits angegriffen ist, kommt es tagsüber zu spontanen Schweißausbrüchen sowie zu Erkältungsanfälligkeit.
Nahrungsmittel und Zubereitungsmethoden, die das Lungen-Qi und somit auch das Abwehr-Qi tonisieren:
Vollwertreis, Süßreis, Hafer, Karotten, Kürbis, Süßkartoffel, Kartoffel, Fenchelknollen, Kichererbsen, Linsen, Fisolen, Kohl, Kastanien, frischer Ingwer, Marillen, Datteln, Reissirup, Gerstenmalz, Rindfleisch von exzellenter Qualität, Wild, Petersilie (aus Paul Pitchford: “Healing with Whole Foods”)
Die Mahlzeiten sollten hauptsächlich in Form von gekochten Speisen eingenommen werden, da der Genuss von Rohkost besonders in der kalten Jahreszeit die Verdauungsfunktion schwächt, weil durch rohe Speisen das Verdauungsfeuer aufgebraucht wird. Somit kann nicht genügend Qi aus der Nahrung extrahiert werden. Das für die Abwehr erforderliche Vitamin C sollte im Falle einer bereits bestehenden Erkältungsanfälligkeit nicht aus Zitrusfrüchten bezogen werden, da sie den Organismus noch mehr auskühlen, sondern vielmehr aus frisch gehackter Petersilie, die mehr Vitamin C enthält als Orangen.
Weiters sollte nicht viel auf einmal gegessen und gebratene und frittierte Speisen sollten weitestgehend vermieden werden. Im Falle einer Immunschwäche im modernen westlichen Sinne können chinesische Arzneien wie Ganoderma Lucidum oder Radix Astragalus eingesetzt werden. Als Vorbeugung gegen Erkältungen oder opportunistische Infekte ist Hafer ein exzellentes Mittel, als Suppe mit Karotten, Ingwer und Lauch genossen, oder aber morgens als süße Variation mit Datteln und Birnen.
Im Falle einer Immunschwäche im westlichen Sinne, insbesondere bei hiv-Infektion und Krebs sollten raffinierte bzw. denaturierte Nahrungsmittel sowie Zucker aus dem Speiseplan gestrichen und durch frisch zubereitete Speisen ersetzt werden. Siehe bitte auch Teil 1 unter dem Punkt „immunschwächende Nahrungsmittel und Essgewohnheiten“.
Lungen-Yin-Mangel:
Eine Lungen-Yin-Schwäche könnte in westlichen Begriffen als Austrocknung der Lunge und Pleura bezeichnet werden. Sie kann als Folge von chronischen Lungenerkrankungen wie z.B. Bronchitis, oder auch als Spätfolge von Keuchhusten, übergangenen grippalen Infekten und chronischen Pneumonien entstehen. Zudem geht jede chronische, auszehrende Erkrankung mit einer Schwächung des Lungen-Yins einher, da in diesen Fällen das Blut und die Körperflüssigkeiten generell erschöpft werden. Zusätzliche Faktoren, die das Lungen-Yin auszehren, sind in erster Linie Rauchen, weiters übermäßig häufige Saunabesuche bei schwacher Grundkonstitution sowie Klimaanlagen, Elektrosmog und Zentralheizungen mit Plastikböden am Arbeitsplatz. Falls letztere unumgänglich sind, könnte vorsorglich ein Birnenkompott in die Arbeit mitgenommen werden.
Typische Symptome einer Lungen-Yin-Schwäche sind trockener, bellender, zumeist unproduktiver Husten (im Falle von Auswurf ist er zähflüssig, gelb, eventuell blutig tingiert), Kratzen in der Kehle, raue Stimme, erhöhte Körpertemperatur spätnachmittags mit geröteten Wangen, Durstgefühl mit der Unfähigkeit viel auf einmal zu trinken, Nachtschweiß und roter trockener Zungenkörper. Westlich medizinisch sind bei einem Lungen-Yin-Mangel häufig Tierhaarallergien zu beobachten.
Unbedingt gemieden werden sollte der Genuss von Kaffee, Schwarztee, scharfen Gewürzen, sowie Tabakkonsum. Rauchen schädigt das Lungen-Yin derart, dass aufbauende Nahrungsmittel fast keine Chance haben, besonders wenn eine chronische Erkrankung wie Asthma besteht. In Ägypten, beispielsweise, wird Tabak mit Honig versetzt, der einen befeuchtenden Effekt hat, und der Rauch in Wasserpfeifen gekühlt, damit die Lunge nicht zusätzlich durch die Hitze verletzt wird. Falls sich jemand das Rauchen wirklich nicht abgewöhnen kann, wäre dies eine Alternative. Bittere und scharfe Nahrungsmittel trocknen die Lunge noch mehr aus und sollten daher auch gemieden werden.
Nahrungsmittel, die das Lungen-Yin nähren oder zumindest befeuchten:
Zucchini, Melanzani, Spargel, Mandeln, Karotten, Kohl, Feigen, Kochsalat, Apfel, Birnen, Quitten, Kohlrabi, Bananen, Rote Rüben, Erdbeeren, Honigemelone, Haselnuss, Weizen (ungeschält!), Dinkel, Sellerie, Isländisches Moos, Eibischwurzel, Orangen, Pfirsiche, Wassermelone, Fisolen, Sojamilch, Tofu, Tempeh, Zuckerrohr, Reissirup, Leinsamen, Butter und Milchprodukte, Eier in Maßen und nur von exzellenter Qualität, Austern und Entenfleisch. Orangen, Bananen, Sojamilchprodukte und übermäßiger Genuss von Käse sollten in der kalten Jahreszeit vermieden werden, weil sie über eine Abkühlung des Verdauungstraktes zu einer Verschleimung der Atemwege führen können. Dieses Phänomen ist häufig bei Kindern zu beobachten, die viel rohes Obst – und besonders Bananen – im Winter essen und immer eine laufende Nase haben bzw. unter häufiger Bronchitis oder Sinusitis leiden.
Mit rohen Nahrungsmitteln ist es möglich, die Lungen kurzfristig zu befeuchten, auf längere Sicht gesehen, verschleimen sie jedoch, weil der Verdauungstrakt ausgekühlt wird und die aufgenommene Nahrung liegen bleibt. Wirklich Substanz (Blut, Yin, Qi) aufbauend sind nur gekochte Nahrungsmittel, daher leiden auch so viele Rohkostler unter Mangelerkrankungen.
Zusammengefasst heißt es, in der kalten Jahreszeit jeden Tag warme, gekochte Speisen zu sich nehmen um Qi und Substanz aufzubauen. Am besten eignen sich Suppen (Gemüse-, Getreide-, und Fleisch- und Fischsuppen), herzhafte Eintöpfe, Strudeln und Aufläufe vom Backrohr, vor allem unter Verwendung von Nahrungsmitteln, die jetzt bei uns wachsen.
Auf dass unser Abwehr-Qi gut funktioniert, uns vor äußeren pathogenen Einflüssen schützt und der Grippekelch an uns vorüber geht!
Chavy Maria Michalitsch
Tel: 06991-969 65 17
Web: www.tcm-beratung-wien.at
Der Begriff „Qi“ wird häufig mit „Lebensenergie“ übersetzt. Weil Qi sich aber auch in Blut und Substanzen umwandeln kann, wird es in der Fachliteratur üblicherweise nicht ins Deutsche übersetzt. Ist Qi in genügendem Ausmaß vorhanden und im Fluss, ist der Organismus im Gleichgewicht. Gibt es einen Mangel an Qi oder ist der Fluss irgendwo unterbrochen (=Stagnation), dann ist der Organismus im Ungleichgewicht, d.h., der Mensch leidet körperlich oder emotional.